Körperfunktionen
Wissenschafts-Kolumne von Witte
Teil 10
Erstveröffentlichung in Kiezkieker #15 vom 10.04.2012
Wenn Ihr diese Zeilen lest, schreiben wir Dienstagnachmittag, um und bei fünf Uhr. Anpfiff ist um 17:30, und dazu fallen einem reichlich farbige Metaphern ein. Ich greife hier lieber zu einer weniger drastischen Ausdrucksweise und bezeichne diese Anstoßzeit schlicht und ergreifend als unchristlich. Und das aus gutem Grund, schließlich ist das zurückliegende Osterfest die Ursache für diese abstruse Terminierung. Also, natürlich nicht Ostern an sich, sondern der Umstand, dass an diesen Feiertagen nicht professionell gegen das runde Leder getreten werden darf. Wer regiert noch mal? Adenauer? Der zweite Weltkrieg ist gerade mal ein paar Jahre her, die BRD steht kurz vor der Wiederbewaffnung und jeden Sonntag sind die Kirchen rappelvoll? Was für eine Farce! Man verstehe mich nicht miss, ich gönne ja eigentlich jedem seine religiöse Wunsch- oder von mir aus auch Wahnvorstellung, und Relikte aus längst vergangenen Zeiten finde ich grundsätzlich dufte. Mein Telefon beispielsweise hatte vor nicht all zu langer Zeit noch eine Wählscheibe und mein Fernsehapparat verfügt heute noch über deutlich mehr Tiefe als das Programm.
Flatscreen, Flatrate, Flatulenz… wusstet Ihr eigentlich, dass eine übermäßige Ansammlung von Gas im Verdauungstrakt medizinisch korrekt als Meteorismus bezeichnet wird? Allgemein ´ne feine Sache, diese termini technici, damit lassen sich die räudigsten Dinge wohlklingend bezeichnen. Auch sehr hilfreich hierfür sind antiquierte Formulierungen; Furzen schickt sich nicht, aber ein Leibwind kann halt jedem mal entfahren. Dicklich will auch keiner gerne sein, aber weiche Konturen? Gottchen, gibt schlimmeres… Dumm nur, wenn einhergehend mit der allgemeinen physiognomischen Enthärtung die Bauchmuskulatur so arg erschlafft, dass es schon bei leicht verstärkten Gasansammlungen zu einer raschen Zunahme des Bauchumfangs kommt. Heißt im Klartext nämlich mehr Platz, und das führt uns wieder wozu? Na? Richtig, Meteorismus. Den Soundtrack zum Methan-Armageddon liefern dann die Meteors, Go Buddy go. Dazu passend hat uns unser Musiklehrer in der siebten Klasse die Funktionsweise von Doppelrohrblattinstrumenten anhand des Gasaustrittes am Mastdarmende und der Rolle des Schließmuskels hierbei erklärt. Immerhin mal ein lebensnaher pädagogischer Ansatz.