Nach der gestrigen Häme bezüglich unserer bundesweiten Hilfseinsatzstrategie zur Stabilisierung kriselnder Ligakonkurrenz und der im Ohr schmerzenden Unkenrufe in Sachen zu erwartender Beute aus dem Badenlande, möchte ich die blank liegenden Nervenenden ein wenig mit Balsam einschmieren.
Nein, nicht plötzlich umschwenken und in Zweckoptimismus verfallen. Da würde ich mich ja komplett lächerlich machen. Solche Töne werden erst wieder angeschlagen, nachdem der Bornemann im Winter mindestens einen Stürmer verpflichtet hat, der wenigstens wieder Hoffnung geben kann, dass diese Saison nicht zum völligen Debakel mutiert.
Wir schweifen einfach ab vom Thema Fußball und thematisieren meinen Lieblingssport, das Radfahren. An dieser Stelle lesen 50 Prozent von Euch schon gar nicht mehr weiter... was auch okay ist.
Irgendwie brauche ich eine Subkultur. Für Ultras-Firlefanz bin ich mittlerweile zu alt. Wenn du da den Absprung nicht schaffst, wird es bisweilen ein wenig bemitleidenswert. Das ist schließlich eine Jugendkultur. "Traue keinem über 30" und so ;)
Bleibt mir das Zweirad, denn dieses Betätigungsfeld lässt auch Raum für die reiferen Jahrgänge. Aber mit anderen Leuten rausfahren, am besten noch in einem Club? Der ganze Technik-Heckmeck von Möchtegerns mit zu viel Kohle? Diese neuen Horden von Wochenend-Radlern auf High End-Bikes im hohen vierstelligen Euro-Bereich gehen mir so auf den Senkel. Niemals im Leben werde ich mich als Rennradler verkleiden um drei Watt Pedalkraft durch dadurch bessere Aerodynamik einzusparen. Und irgendwie bilde ich mir ein, meine eigene ganz kleine Subkultur-Nische geschaffen zu haben:
Kein Fliegen, keine Autofahrten, keine Bahn, kein ÖPNV, keine Fußgänge: Wirklich jeden Weg mit dem Rad, das keine 500 € kostete, satte 13 Kilo Stahl statt 7,5 Kilo Carbon, einen Gang. So lege ich im Jahr gut und gerne 15 000 Km zurück. Dabei nie vergessend, flächendeckend den Bestand an Rautenstickern etwas auszudünnen...
Kenne niemanden anderes, der das so praktizieren würde, wodurch es sich auch besonders gut anfühlt. Etwas ganz Eigenes, das ich sehr lieb gewonnen habe.
Ein anderer Vorteil des Radfahrens ist die Ästhetik, die entsteht, wenn du Großstadtverkehr total verinnerlicht hast und du den ganzen Wahnsinn auf den Straßen wie eine Welle surfen kannst. Wenn jeder Bewegungsablauf stimmt, Fliehkräfte durch Gewichtsverlagerungen in perfekten Kurvenfahrten genutzt werden. So blöd es klingt, technisch anspruchsvolles Zweiradeln kann durchaus zu einer Kunstform erhoben werden.
So genug Blabla. Bin zwar nur ab und zu in den Harburger Bergen unterwegs, dennoch hat mich das hier gerade richtig angefixt. Normalerweise nervt Musik, will ich die Kettenrotationsgeräusche hören, aber wie geil ist denn bitte düstere Stimmung an nebligen Schweizer Alpenpässen, wenn sie mit Dark-Wave unterlegt ist?!
Wer sich für so etwas begeistern kann, sollte es nicht auf dem Smartphone schauen, denn die Nummer braucht möglichst viel Bildschirmdiagonale in HD: