Scheintot

Hhhm... wie fasse ich die letzten Tage denn mal bestmöglich zusammen? Habe zuletzt lieber nochmal ausgiebig den Spätsommer genossen, anstatt gleich auf Inaktivität auf dem Transfermarkt und den seltsamen Auftritt gestern in Fürth zu reagieren.

Generell macht Fußball derzeit wenig Freude. Irgendetwas, das sich zumindest anfühlt wie ein "braunweißer Ernteertrag" ist mittlerweile mehr als überfällig. Doch anstatt jetzt, nachdem sich die Brocken Schalke und Werder aus der Liga verabschiedet haben, einen zweiten ernsthaften Anlauf zu starten... schnürt man sich nicht mal die Schuhe richtig zu. Bin bekanntermaßen ein "Bornemann-Jünger", halte sehr große Stücke auf Häuptling Silberlocke, doch dieses Quasi-Abschenken der Saison geht mir mächtig gegen den Strich. Fahrlässig, mit derart eklatanten Kader-Schwächen die Saison zu bestreiten. Der Scheidler kann gern nach Bari gehen, denn der hat mich als potenzieller Neuzugang überhaupt nicht wuschig gemacht. Kann mir ehrlich gesagt nicht ausmalen, warum man für den offenbar 1,6 Millionen hinblättern wollte. Aber dass dort draußen in der Welt kein bulliger Angreifer auf leicht überdurchschnittlichem Zweitliganiveau zu bekommen war, der zudem auch von einem Engagement beim FCSP zu überzeugen war und natürlich auch noch halbwegs in den finanziellen Rahmen passt, will mir nicht so richtig einleuchten.

Auf der 10er-Position hätte ein Handeln auch nicht geschadet, Medic hätte man unbedingt nach Stuttgart ziehen lassen und dafür noch einen erfahrenen Innenverteidiger mit erwiesenermaßen geringer Fehlerquote an Land ziehen sollen.

Nach so geballter Klugscheißerei möchte ich allerdings nicht unerwähnt lassen, dass wir Laien, die von Tuten und Blasen des Geschäfts letztlich keine Ahnung haben, niemals einen besseren Job machen würden als diejenigen, die sich in dem Business seit Jahren und Jahrzehnten halten. Als Fan bist du immer am Meckern, findest überall etwas, um daran herumzunörgeln. Und weil immer irgendetwas schief läuft während einer Saison, trifft auch die Nörgelei immer mal wieder ins Ziel. Prinzip "abgesägte Schrotflinte" und so. Also weiter im Text und Feuer frei:

 

Sieben Partien sind nun gespielt und der Zug gen Bundesliga ist abgefahren und kaum mehr in Sichtweite. Eine unspektakuläre Spielzeit, dümpelnd im Mittelfeld zwischen Platz acht und zwölf verbracht, scheint das höchste der Gefühle zu sein. Trockenbrot auf dem Speiseplan.

Immerhin schaffen sie es (bislang), dem seit langem bekannten St. Pauli-Versagensschema noch einen Schlusspunkt in Form eines Punktgewinns folgen zu lassen. Auswärts beim Tabellenletzten, der händeringend nach einem willfährigen Aufbaugegner lechzt? Normalerweise schenken wir die Punkte dann schon in der ersten Hälfte der ersten Hälfte her. Dieses Mal sah das in den ersten 45 Minuten derart gut aus, dass ich mir schon Gedanken darüber machte, die vor Tagen gezeigte Angsthasengrafik mit Zähnen und abgeknickten Kleeblättern zu überarbeiten, ehe der inzwischen notorische Durchhänger nach Wiederanpfiff wieder schlimmste Schwarzseherei zu bestätigen schien. Scheintot waren die Franken, zum finalen Abschuss bereit, doch wir verbleiben mental noch so lang in der Kabine, bis die Hausherren den Weg zur Siegerstraße gefunden haben. Nie hat man den Eindruck, dass unsere Mannen das Feld nach der Halbzeitpause bis in die Haarspitzen motiviert beträten. Vielleicht sollte der Trainerstab um eine Motivations-Fachkraft erweitert werden, denn offenbar schafft es Schulle nicht wirklich, aus seinen mehrheitlich eher introvertiert wirkenden Kickern das letzte Quäntchen Leistung und Konzentration herauszukitzeln. Er wirkt jedenfalls manchmal "zu nett". Paderborns Lukas Kwasniok beispielsweise macht auf mich oft den Eindruck, deutlich aufbrausender zu sein und den von ihm trainierten Teams stets das Letzte abzuverlangen. Ein Typ, mit dem du besser auch keinen Streit anfängst, wenn du dir nicht am Ende noch eine blutige Lippe einhandeln willst. Ich halte viel von unserem jetzigen Coach, aber insgeheim hätte ich schon mal Bock auf einen brodelnden Vulkan an der Seitenlinie. Torsten Lieberknecht und Steffen Baumgart sind weitere gute Beispiele für diesen Trainer-Typus, den ich meine.

Ach ja... vielleicht mal jemanden zum Training einladen, der unseren Jungs zeigt, wie Elfmeterschützen erfolgreich den gegnerischen Goalie verladen. Anlauftempoverzögerung, den Blick in der letzten Sekunde vom Ball auf den Torwart richten und letztlich mittelscharf und gar nicht großartig platziert in die Ecke schieben, für die sich der Tormann nicht entschieden hat. Das ist beileibe nichts, das nur Ausnahme-Kicker wie Lewandowski können, sondern von jedem halbwegs talentierten Zweitligakicker erlernbar und erwartbar sein sollte.

So, 19 Uhr, genug der Ernte-Kritik. Wird schon niemand verhungern.

 

Morgen dann endlich die Aufbereitung der angestauten Schnappschüsse von Dingen, die während der letzten Woche meine diversen Wege durch die Stadt kreuzten.